Rezension zu »Hot Mess« von Sophie White
»Warum geht es in all den traurigen Filmen und Songs eigentlich immer um gescheiterte Liebe? Zerbrochene Freundschaften waren weitaus schmerzhafter und komplizierter.«
Drei Frauen Ende 20 bis Anfang 30, deren Leben nichts und doch so viel miteinander zu tun haben. Lexi ist ein aufstrebender Stern am Medienhimmel, der Podcast, den sie gemeinsam mit ihrer besten Freundin seit Kindertagen betreibt, ist kurz davor, irische Podcast-Geschichte zu schreiben und durch einen der wichtigsten Podcast-Anbieter überhaupt übernommen zu werden. Gemeinsam mit ihrem Partner und Manager befindet sie sich zudem auf Haussuche. Doch ist dieses Leben für den Podcast überhaupt noch das, was sie will? Sind die Werte, die der Podcast vermittelt, diejenigen, hinter denen sie steht? Ist ihre Freundinnenschaft überhaupt noch echt? Joanne wiederum ist in erster Linie einsam. Als frisch gebackene Mutter in Elternzeit fehlt ihr der Kontakt zur Welt und besonders zu ihren Freundinnen, die die Nächte noch immer mit Alkohol und Drogen durchfeiern anstatt mit schreienden Babys und vollen Windeln, und Joannes neue Realität nicht verstehen. Die Treffen sind zu spät, zu wild, zu weit weg, um wirklich vereinbar zu sein mit ihrer neuen Rolle als Mutter und die Gesprächsthemen finden auch keinen gemeinsamen Nenner mehr. Passen ihre Freundinnen noch zu ihr? Auch Claire fühlt sich einsam und ausgeschlossen, mehr noch als Lexi und Joanne. Im Gruppen-Chat mit ihren besten Freundinnen ist es auffallend ruhig geworden, Antworten kommen sporadisch, unmotiviert und zeitverzögert. Alle Zeichen deuten darauf hin, dass es einen neuen Chat gibt – ohne sie. Haben ihre Freundinnen sie zurückgelassen? Während Lexi, Claire und Joanne sich durch ihre unterschiedlichen Leben manövrieren, deren Kernpunkte durch Familie, Partner und Freundinnen doch auf eine Art und Weise ähnlich sind, kreuzen sich die Wege der Drei überraschend. Sie lernen sich kennen, entdecken Gemeinsamkeiten, knüpfen zarte Bande einer beginnenden Freundinnenschaft. Umgeben von ihren jeweils eigenen, alltäglichen und doch einzigartigen Lebensumständen, finden die drei jungen Frauen nicht nur heraus, was sie vom Leben erwarten, sondern auch, welche Freundinnen es wirklich wert sind, sie auf diesem Weg zu begleiten.
»Hot Mess« ist eins der Bücher, die mir in meinem Leben gefehlt haben, ohne dass ich es vorher wusste. Weil es um drei starke Frauen geht, deren Lebensrealitäten so vielfältig, unterschiedlich und doch nahbar sind. Weil die Gefühle, die hinter der Geschichte stecken, so verdammt relatable sind. Wie viele Bücher kennt ihr, in denen es darum geht, sich zu verlieben, eine*n Partner*in fürs Leben (oder zumindest die Lebensphase) zu finden? Wie viele Bücher, in denen die romantische Liebe im Mittelpunkt steht? Richtig: viele. Genau deshalb ist »Hot Mess« so verdammt wunderbar: Klar, es geht auch um diese Art der Liebe, schließlich ist sie ein nicht unwichtiger Teil im Leben der meisten Menschen, aber in erster Linie geht es um Liebe, Vertrauen, Verlust und Sorgen in Bezug auf Freundinnenschaft. Ab einem gewissen Alter wird es leichter, eine*n Partner*in zu finden, als eine*n Freund*in. Ab einem gewissen Alter leben sich die in Kindheit und Jugend geknüpften Bande oft auseinander – neue Städte, neue Jobs, neue Menschen, neue Lebensausrichtungen. Was mit 14 gepasst hat, passt mit 32 vielleicht nicht mehr. Aber was macht man dann? Wie findet man Menschen, die zu einem passen und da sind, wenn man sie braucht? Wie lässt man gemeinsame Erinnerungen und Jahre los, wenn es nur die Gewohnheit ist, die noch verbindet? Wie priorisiert man Freund*innen gegenüber anderen Beziehungen, wie sagt man, wenn man sich vernachlässigt fühlt? Es sind Fragen wie diese, die ganz wunderbar authentisch erzählt im Zentrum von »Hot Mess« stehen und von Lexi, Joanne und Claire versucht werden, zu beantworten.
Durch die Perspektivenwechsel kamen mir die drei Frauen alle auf ihre Weise näher und ja, es fühlte sich an, wie Freundinnen finden. Besonders Joanne habe ich ins Herz geschlossen, ihr Witz und Charme, ihr Umgang mit der Welt und den veränderten Lebensbedingungen waren einfach nur sympathisch. Aber auch Lexi und Claire sind zwei Figuren, die im Gedächtnis bleiben. Auch wenn ich nicht zu viel verraten möchte, spielt auch psychische Gesundheit, der Umgang mit physischen Erkrankungen seitens Betroffenen wie Angehörigen eine wesentliche Rolle. Dieses sensible Thema ist aus einer authentischen, einfühlsamen Innenperspektive erzählt, die mich nicht nur einmal zum Schlucken und Tränen wegblinzeln gebracht hat. Genauso oft musste ich beim Lesen aber auch lächeln und schmunzeln. Themen aus dem Leben, leichte wie schwere, wechseln sich hier ab und ergeben ein stimmiges, gefühlvolles und realitätsnahes Gesamtbild.
Für mich ist »Hot Mess« ein toller, mitreißender und teilweise sehr emotionaler Roman über das gesamte Spektrum weiblicher Lebenswelten mit einem starken, wichtigen Fokus auf Freundinnenschaft und damit eine große Empfehlung!
..................................................................
Kommentare
Kommentar veröffentlichen