Rezension zu »Die Garnett Girls« von Georgina Moore

Die Garnett-Girls, das sind Rachel, Imogen und Sasha. Drei Schwestern, alle erwachsen, alle mit eigenen Leben: Imogen arbeitet gerade auf die erste Theateraufführung hin, zu der sie das Drehbuch geschrieben hat – ihr großer Durchbruch als Autorin, hoffentlich. Außerdem ist sie frisch verlobt, als letzte noch ungebundene Garnett-Schwester. Doch statt sich in die Hochzeitsvorbereitungen zu stürzen, beschäftigt sie vielmehr die Hauptdarstellerin ihres Stücks. Rachel ist zweifache Mutter, glücklich verheiratet und Anwältin. Sie leidet darunter, dass sie London und damit eine erfolgversprechende Karriere hinter sich gelassen hat, um ihren Kindern und dem Wunsch ihres Mannes folgend in dem Haus ihrer Kindheit auf der Isle of Wight eine unbeschwerte Kindheit fernab des Großstadttrubels zu ermöglichen. Sasha, einst wild und lebensfroh, zieht sich mehr und mehr in sich zurück, je mehr ihr Mann subtile Kontrolle ausübt. Während sie sich den Zustand ihrer Ehe nicht eingestehen will, beschäftigt sie ein ganz anderes Geheimnis, das die Familiendynamik der Garnetts ins Wanken bringen könnte. Was alle drei verbindet: die komplizierte Beziehung zu ihrer Mutter Margo und ein gemeinsames Trauma in ihrer Kindheit. Eigentlich hat nur Rachel Erinnerungen an ihren Vater Richard, einem starken Alkoholiker, der aus dem Leben von Margo und seinen Töchtern verschwand als sie noch klein waren. Bis heute wissen sie nicht, was damals wirklich zwischen ihren Eltern vorgefallen ist. Margo stürzte die Trennung in eine monatelange, schwere Depression, während der die Garnett-Mädchen mehr oder weniger auf sich allein gestellt waren. Seitdem wird Richard nicht mehr erwähnt. Und Margo lebt seither ein Leben, das aus Partys, Alkohol, dem Verdrängen des Alterns und dem Einmischen in die Leben ihrer Töchter besteht. Doch in diesem Sommer auf der Isle of Wight, der für alle anders verläuft, als erwartet, kommen endlich Geheimnisse ans Licht, die schon viel zu lange im Dunkeln lagen und die Leben der Garnett-Frauen auf ganz unterschiedliche Weise prägen.

Für mich ist »Die Garnett Girls« ein typisches Sommerbuch – angenehme Unterhaltung, schönes Setting, ein Familiendrama, in dem man eine Weile verschwinden kann und sich trotzdem nicht darin verliert. Mit Tiefgang, aber ohne zu tief zu gehen, wenn ihr wisst, was ich meine. Ein gutes Buch für einen entspannten Sommertag, mit dem Gefühl von Sonne auf der Haut und Wegträumen ans Meer. Die Leben der drei, mit Margo eigentlich vier, Garnett-Mädchen zu beobachten und zu verfolgen, hat Spaß gemacht, selbst dann, wenn die Themen ernster wurden. Und doch, auch wenn ich das Buch für den Sommerurlaub empfehlen würde, weil es eine dramatisch-gute Familiengeschichte ist, gibt’s ein paar Dinge, mit denen ich nicht ganz so glücklich bin: Die ernsten Themen wie Alkoholismus, psychischer Missbrauch, toxische Beziehungen, etc., die im Roman immer wieder zur Sprache kommen bzw. in den Seiten durchscheinen, blieben für mich zu oberflächlich behandelt, sodass sie eher wie Stilmittel wirkten als … ja, als sich auf einer Ebene damit auseinanderzusetzen, die die Ernsthaftigkeit der Themen wirklich aufzeigt. Auch ein Sommerroman kann und darf so was. Im selben Zuge – und darüber habe ich mich noch nie bei einem Buch beschwert, weil, sind wir ehrlich, auch ich trinke gerne mal was, mich hat beim Lesen schließlich ein Aperol begleitet, aber: Die Menge und der Umgang mit Alkohol in diesem Roman, vor allem, aber nicht nur unter dem Aspekt des offenen Alkoholismus des Vaters und des mehr oder weniger anzunehmenden Alkoholismus von Margo im Verlauf der Geschichte, war mir dann doch zu viel des Guten. Eigentlich würde ich das Buch gerne nochmal unter dem Blickpunkt lesen, jede Stelle zu markieren, an der ein Drink erwähnt oder getrunken wird – ich meine, Margo zwingt ihre Töchter und Gäste sprichwörtlich ab 18 Uhr dazu, mit ihr zu trinken. Alkohol wird getrunken, wenn alle glücklich sind, Alkohol wird getrunken, wenn alle unglücklich sind, Alkohol wird schon fast getrunken als wäre es Wasser. Das fand ich in dem Ausmaß, in dem Alkohol in dem Buch auf eine Weise regelrecht zelebriert wird, eher problematisch als alles andere. Dazu kamen dann leider so viele Schreibfehler in der 1. Auflage, dass es mein Lesevergnügen ab einem gewissen Punkt dann doch angefangen hat, zu trüben. So ist »Die Garnett Girls« für mich ein Buch, bei dem ich (noch) nicht so recht weiß, ob für mich am Ende die positiven, unterhaltsamen Seiten oder aber die wenigen, dafür nachhallend negativen Aspekte im Gedächtnis bleiben werden. Am besten ihr macht euch selbst einen Eindruck.




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Daten zum Buch
Titel: Die Garnett Girls
Autor*in: Georgina Moore
Sprache: Deutsch
Aus dem Englischen übersetzt von Pauline Kurbasik
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Paperback | 416 Seiten | ISBN: 978-3-462-00630-8

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